Was Michael Endes „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ uns über Donald Trump lehrt

SWR2 Kultur Aktuell

Herr Turtur entpuppt sich als armer, alter Mann

Angenommen, während der Tagesschau piepst das Kind oder Enkelchen neben Ihnen: „Mama, Papa, Oma, Opa – der alte Mann mit den gelben Haaren und der Orangenhaut da macht mir Angst.“ Sagen Sie dann einfach: „Gleich kommt der Wetterbericht, dann gehst Du ins Bett und ich lese Dir ein Märchen vor.“ Wenn’s so weit ist, lautet meine Empfehlung: Greifen Sie zu Michael Endes „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ – zum Kapitel, wo es durch die Wüste namens „Ende der Welt“ geht. Da taucht am Horizont plötzlich eine Fata Morgana auf – der Scheinriese Herr Turtur. Jim und Lukas erschrecken zwar. Weil sie aber tapfere Menschenkinder sind, fahren sie weiter und entdecken: Je näher sie kommen, desto kleiner wird der Scheinriese Turtur. Und als sie vor ihm stehen, ist Herr Turtur ein armer, alter Mann.

Mister T. ist eigentlich sehr einsam

Beim reichen alten Mann Mister T., der seit Wochen über den atlantischen Horizont hinweg viel Schrecken verbreitet, sollten wir es dem Märchen nachtun. Denn wenn es stimmt, was diejenigen erzählen, die vor acht Jahren beim ersten Einzug ins Weiße Haus nah bei ihm waren, dann war Mister T. damals sehr einsam, schaute viel Fox News und trank noch mehr Cola. Der Unterschied zu Herrn Turtur beginnt bei den Eigenschaften. Friedfertigkeit und Empathie zum Beispiel, hat Mister T. kaum jemand je vorgeworfen. Deshalb hat Mister T. auch andere Freunde als Jim, Lukas, Herr Ärmel – oder Kanzler Olaf den Viertelnachzwölften.

Melania T. in der Rolle des Drachen Mahlzahn

Die globale Digital-Räuberbande, die ihn gerade beschützt, mutet zwar an wie jene „Wilde 13“, die Michael Ende für seine Märchenwelt ersann, ist aber überhaupt nicht lustig. Und wie wir uns den Drachen Frau Mahlzahn künftig vorzustellen haben, da heißt es in Washington, Melania T. habe diesmal Ambitionen für diese Rolle, natürlich besser angezogen als das Original. Die Frage, ob Scheinriese oder politischer Gigant, klärt sich hingegen, wenn Mister T. demnächst mit dem Oberbonzen in einem fernen Land irgendwo links von Michael Endes Mandala verhandelt. Sie und ich dürfen als sicher annehmen: Scheinriesen – egal wie sie heißen, erschrecken dort niemanden.

Der aktuelle Oberbonze heißt Xi Jinping

Der aktuelle Oberbonze heißt nämlich nicht Pi Pa Po, sondern Xi Jinping. Soll heißen: Es ist noch nicht ausgemacht, wie groß und breit Mister T. in ein paar Wochen oder Monaten dasteht. Wir werden es herausfinden bei unserer Fahrt durch das Land der tausend Vulkane und das alltägliche Tal der Dämmerung. Angst ist kein guter Ratgeber dabei. Weitersagen - auch Kind oder Enkelchen, vor dem Gute-Nacht-Kuss.