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Heute: Internationaler Tag der Menschenrechte – Gültig: jeden Tag

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Heute begehen wir zum 76. Mal den jährlichen Internationalen Tag der Menschenrechte, der an die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen“ erinnert – ein Dokument, welches das universale Verständnis von gleichen und unveräußerlichen Rechten für alle Menschen unabhängig von ihren individuellen Merkmalen zum Inhalt hat. Von Frank Blenz.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

In 76 Jahren rangen und ringen viele Menschen im Geiste dieser Erklärung für eine bessere Welt, für das Wohl der Bürger, dafür, dass wir würdevoll und friedlich miteinander leben können. Das Dokument von 1948 ist Teil dieses Wirkens, doch war und ist es notwendig, sich für prägende inhaltliche Weiterentwicklungen im Interesse tatsächlich aller Bewohner der Erde einzusetzen. Denn das ursprüngliche Schriftstück wurde einst als ein westlich geprägtes kritisiert, in dem berechtigte Bedürfnisse und Interessen der Bevölkerungen in der „nichtwestlichen“ Welt außen vor geblieben seien. Der Blick auf die heutige Welt zeigt generell ernüchternd wie empörend, dass Menschenrechte fortwährend missachtet, verachtet, ignoriert und mitunter bis zur Unkenntlichkeit beschädigt, zerstört werden. Von Menschen. Gegen Menschen. Heute ist deshalb umso mehr ein besonderer Tag für einen Aufruf zum Gegenhalten, zu mehr Engagement von uns allen. Gültig: jeden Tag. Auch in Deutschland.

Wir brauchen viele Hessels

Der mir nahe, überaus angenehme, wichtige Buchautor und Zeitgenosse Stéphane Hessel hat in einem kleinen Band, der den Titel „Empört Euch“ trägt, eindrucksvoll und warmherzig von seinen Erfahrungen geschrieben, die er 1948 bei den Vereinten Nationen in New York machte. Hessel beschrieb in dem schmalen Taschenbuch unter anderem das unermüdliche, geduldige Ringen eines UN-Gremiums. Er durfte dabei mitwirken, der Barbarei, dem Wahnsinn Zweiter Weltkrieg ein Hoffnung weckendes, wirkungsvolles, deutliches Dokument entgegenzusetzen, um damit wenn möglich eine neue, eine bessere Epoche der Erdbewohner mit einzuläuten: die Charta der Menschenrechte. Trotz heftiger Unterschiede der internationalen Teilnehmer, trotz ihrer sich aneinanderreibenden Interessen gelang tatsächlich das zunächst schier Unmögliche, die wichtige „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ mit dem mahnenden Rückblick auf den bis dahin schlimmsten und verheerendsten Krieg auf unserer Erde zu verabschieden.

Ganz im Geiste dieser Schrift handelte Hessel bis zu seinem Tod im Jahr 2013. Er mahnte uns, wachsam zu sein und uns ausdauernd (ja nicht aufgeben) zu empören gegen die Ungerechtigkeiten der Welt, allen voran die fortwährende, systematische Missachtung unser aller Rechte. Hessel rief dabei stets zu friedlichem Widerstand gegen Unterdrückung auf, gegen den überbordenden, wahnsinnigen Machtmissbrauch der Eliten, gegen die Umweltzerstörung durch Gier und Rücksichtslosigkeit. Bis heute sind seine einfachen Worte gültig, bis heute kämpfen Bürger – wir brauchen sozusagen viele Hessels – gegen all diese Missstände, bislang noch ohne wirklich durchschlagenden Erfolg: den Beginn einer Epoche der echten Entspannung, der einer Durchlüftung der Gesellschaften, echte Freiheit der Menschen, der Individuen wie der Gemeinschaften, ohne Unterdrückung, materiell, ideell, politisch, kulturell, sozial, spirituell.

Dazu bedarf es aber einer echten Entmachtung viel zu weniger, mächtiger Akteure und ihrer Gefolgschaften, deren Handeln, deren Interessen, deren Ego sich gegen zu viele richtet. Es geht dabei nicht nur um deren materiellen, sondern auch um ihren ideellen Reichtum, stets nur zum eigenen Nutzen. Doch statt Entmachtung ist täglich zu erleben: Wir sind weit weg von klugen, toleranten, offenen, gerechten Gesellschaften, wir sind weit weg von der Enteignung, der Zähmung der Gierigen, der Mächtigen und ihren Anmaßungen, die uns die gegenwärtigen Zustände noch als frei, demokratisch, rechtsstaatlich verkaufen und vor allem: als alternativlos. Denen ist es egal, weil sie es sich leisten können, was viele Menschen wirklich statt der Unterdrückung, statt der Missachtung verdienten. Allein der Eliten Wohl ist denen wichtig, angehäuft, gehortet, angemaßt auf Kosten der Allgemeinheit, betoniert für jetzt und für immer? Mehr, mehr, mehr – und kein Ende scheint in Sicht. Das ist eine einzige Menschenrechtsverletzung.

76 Jahre Menschenrechtscharta und doch viel Kriegerisches, Menschenrechte Verachtendes

Einfach ausgedrückt: Seit mehr als einem Dreivierteljahrhundert ringt die Menschheit nach der unsäglichen Erfahrung des Zweiten Weltkriegs darum, endlich sagen zu können, friedlich und in wohltuender, rücksichtsvoller, aufmerksamer Gerechtigkeit auf einem wundervollen Planeten zu leben. In all den Jahren toben stattdessen weiter zahlreiche Konflikte, darunter Kriege, Not, Elend und die fortgesetzte Missachtung, ja Verachtung vieler Bürger und ihrer Bedürfnisse. Glücklicherweise konnten wir in Europa eine Zeit erleben, das wird so gern in Politikerreden lobend gesagt, in der wir mehr oder minder zufrieden konstatieren durften: Wir erleben eine Epoche des Friedens. Doch selbst diese Epoche war nicht friedlich, müssen wir ehrlich zugeben.

Nun scheint es, diese unsere schöne Epoche ist jetzt eine vergangene. Bei uns wie in vielen Teilen der Welt und auch in Deutschland erleben wir das ehrgeizige, aggressive Zurückdrängen unserer berechtigten Bedürfnisse, unserer, ja, Menschenrechte. Dort, wo Progressivität noch oder wieder zu Hause ist, dort sind erfreulicherweise positive Entwicklungen zu beobachten. Die südliche Welt zum Beispiel folgt uns, der westlichen Wertewelt, nicht mehr.

Doch um uns herum toben heftige Konflikte, bei denen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit an der Tagesordnung sind. Und wir, ja wir, sind mit von der bösen Partie. Menschenrechte sind gerade nicht modern, stattdessen Ruhm und Ehre und Verpflichtung und Pflichten, wird uns weisgemacht – aber wofür? Dafür: Die Reaktionären jubeln – Menschenrechte, fortschrittliche Ideen, Konzepte, Forderungen, Rechte werden zurückgedrängt.

Einer, der kurz und knapp Verursacher des Zurückdrängens benennt

Ich las kürzlich einen Beitrag des unbequemen, nimmermüden, kritischen EU-Abgeordneten Martin Sonneborn (Die Partei), der seine Erfahrungen im EU-Parlament aufgeschrieben hat. Er beobachtet stellvertretend für Europa im Parlament eine Entwicklung, die den rückwärtsgewandten und aufgedrängten Weg unserer Gesellschaften, der Gemeinwesen, der Gemeinsamkeiten ernüchternd wie empörend beschreibt. Sonnenborn nannte Beispiele. Immer seien es die Konservativen, die im Block dagegen stimmten, wenn man sich im Parlament für Menschenrechte, für die Umwelt, für Soziales einsetzt, gegen die Finanzindustrie, gegen Ausuferungen von Zensur und Überwachung, für Steuergerechtigkeit kämpft. Das EU-Parlament – eigentlich doch die demokratische Institution für uns alle, für uns Europäer – ist in Wahrheit ein Ort, in dem das Steine-in-den-Weg-Legen gegen legitime Interessen und Bedürfnisse der Europäer in Gesamtheit zur perfiden Profession reift. All dieses Treiben ist eine einzige Menschenrechtsverletzung.

Ein anderer Kalender als der für die Adventszeit

24 Türchen öffnen in der Adventszeit, das bereitet Freude, verbindet Menschen. Ein ganz anderer Kalender lässt einen dagegen nachdenklich werden. So listete die Organisation der Vereinten Nationen für alle Monate eines Jahres existierende Rechte der Menschen und deren Verletzungen und Missachtungen auf. Die Welt, Europa und wir in Deutschland scheinen viel Nachholbedarf in diesen Bereichen zu haben:

  • Januar: Menschenrechtsverletzungen durch willkürliche Inhaftierungen
  • Februar: Pflege- und Unterstützungssysteme
  • März: Gleichheit aller Ethnien
  • April: Wirtschaftliche Menschenrechte
  • Mai: Zivilgesellschaftlicher Raum, einschließlich des Digitalen, Menschenrechtsverteidiger, Partizipation
  • Juni: Frauenrechte
  • Juli: Prävention und Frieden
  • August: Gerechtigkeit
  • September: Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs)/Sozialer Schutz
  • Oktober: Unternehmen und Menschenrechte
  • November: Klimawandel/Umwelt
  • Dezember: Bildung und Menschenrechte

(Quelle: UNRIC)

Der UN-Charta von 1948 folgten weitere Dokumente

Rückblick: Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte sei ein westlich geprägtes Dokument, wandten Kritiker ein, denn beim Erarbeiten und Verabschieden fehlten zahlreiche Länder und Regionen. Das Ringen für Menschenrechte und deren Fixierung in gültigen Schriften – weltweit – setzte sich aber richtigerweise fort, Streit und Eskalation inklusive. Im Jahr 1993 kam es zu einem Fortschritt bei der Weltkonferenz in Wien, bei der der Wertewesten offen mit seiner arroganten Haltung konfrontiert wurde.

Auf der Weltkonferenz über Menschenrechte in Wien 1993 gipfelten die Vorwürfe in „offensive, sehr aggressive Kritik“, erinnert sich der Menschenrechtler Michael Windfuhr, der an der Konferenz teilnahm. Damals wurde „sehr dezidiert gesagt, Menschenrechte sind eigentlich eine neokoloniale Idee des Westens, die dazu führen soll, dass sich westliche Staaten einmischen in Ländern, die andere Kulturen haben und auch andere Vorstellungen von politischer Ordnung und politischer Gerechtigkeit“. Am Ende stimmten jedoch alle 171 UN-Mitgliedstaaten der Wiener Erklärung zu und legitimierten damit die Menschenrechtserklärung von 1948.

Es bleibt bis heute viel zu tun, das Dokument Menschenrechtscharta darf kein statischer Text sein. Die Entwicklungen in unserer Welt, die keine homogene, sondern eine vielfältige ist, zeigen immer noch, dass Menschenrechte als Instrumente gegen Menschen missbraucht werden. Gerade das muss dauernden Widerspruch und Empörung auslösen, keinen Beifall, kein Dulden und Durchwinken.

… Die Zweifel an der Universalität der Menschenrechtserklärung bleiben bestehen und werden vor allem aus den Überlegungen der postkolonialen Denkschulen heraus verstärkt. Eine gefährliche Entwicklung, warnt der Menschenrechtler Markus Beeko. „Wer Menschenrechte als westliche Werte betitelt, der leistet ihnen einen Bärendienst“, warnt er. „Wir müssen solidarisch an der Seite derer stehen, deren Regierungen versuchen, ihnen ihre Menschenrechte abzusprechen, anstatt den Menschen in den Rücken zu fallen.“
(Quelle: DLF)

Wer sich auf Menschenrechte beruft, dem schlägt bisweilen der Vorwurf der Heuchelei und einer gewissen Doppelmoral entgegen: Der Westen verbräme mit dem Verweis auf Menschenrechte nur eine von Macht- und Wirtschaftsinteressen geleitete Politik.
(Quelle: DLF)

Menschenrechte sind Frauenrechte – zahlreich werden diese verletzt

In den vergangenen Tagen sah ich wie viele Bürger via Medien, was in Syrien passiert. Es deutet sich eine dortige Zeitenwende an, ein diktatorischer Herrscher wird von einem anderen abgelöst, der sich wohl weniger um Menschenrechte als um das Recht des Stärkeren kümmern wird. Mir fielen die Worte aus einem Beitrag über Menschenrechtsverletzungen gegenüber Frauen ein. Zitat:

Auf die spezielle Situation von Frauen weltweit angesprochen, unterstreicht Beate Rudolf: Frauen seien in vielen Fällen anders von Menschenrechtsverletzungen und Übergriffen betroffen als Männer, etwa wenn sie als Aktivistinnen verhaftet würden: „Frauen erleben sexualisierte Gewalt, sexualisierte Folter.“

Auch in anderer Hinsicht würden ihre Menschenrechte deutlicher missachtet – im Iran, aber auch in anderen muslimischen Ländern wie Saudi-Arabien: „Es gibt Kleidungsvorschriften für Frauen, aber nicht für Männer.“ Das gelte im Übrigen für beide Richtungen – für Gebote, aber auch für Verbote für einen bestimmten Kleidungsstil.
(Quelle: DLF)

Die Menschenrechte in Deutschland

Heute zum Internationalen Tag der Menschenrechte lohnt es sich, in hiesigen Dokumenten zu stöbern – bei Ministerien, Instituten. Ich informierte mich. Beim Bundesministerium der Justiz steht zum Stichwort Menschenrechte unter anderem:

Menschenrechte sind Rechte, die sich aus der Würde des Menschen herleiten und begründen lassen; Rechte, die unveräußerlich, unteilbar und unverzichtbar sind. Sie stehen allen Menschen zu, unabhängig davon, wo sie leben und unabhängig davon, wie sie leben.
(Quelle: BMJ)

Und das Institut für Menschenrechte listet unter anderem auf:

Zu den Menschenrechten gehören bürgerliche und politische Freiheits- und Beteiligungsrechte, unter anderem das Recht auf Leben, das Verbot der Folter, die Religions-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit oder die Gleichheit vor dem Gesetz.
(Quelle: IFM)

Sich zu fragen, was Menschenrechte sind, ist wichtig. Jeder Bürger sollte wissen, was ihm zusteht, was es in einer gedeihlichen Zivilgesellschaft braucht, um individuell und in Gemeinschaft gut leben zu können. Angesichts des Zustandes unseres Landes, angesichts der vielen Ungerechtigkeiten, angesichts des gesellschaftlichen, politischen, sozialen Stillstandes ist es umso wichtiger, sich Gedanken zu machen, wohin wir uns bewegen wollen und was wir nicht wollen. Die führenden Köpfe unseres Landes – Organisationen, Konstruktionen wie die sich Volksparteien nennenden Vereinigungen – sind dafür meiner Ansicht nach derzeit keine geeigneten Interessen-Vertreter und Gesprächspartner. Innezuhalten und sie allein machen zu lassen, ist dennoch keine Option. Empört Euch, würde mein geschätzter Stéphane Hessel jetzt sagen.

Titelbild: tweenytree/shutterstock.com

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Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

In 76 Jahren rangen und ringen viele Menschen im Geiste dieser Erklärung für eine bessere Welt, für das Wohl der Bürger, dafür, dass wir würdevoll und friedlich miteinander leben können. Das Dokument von 1948 ist Teil dieses Wirkens, doch war und ist es notwendig, sich für prägende inhaltliche Weiterentwicklungen im Interesse tatsächlich aller Bewohner der Erde einzusetzen. Denn das ursprüngliche Schriftstück wurde einst als ein westlich geprägtes kritisiert, in dem berechtigte Bedürfnisse und Interessen der Bevölkerungen in der „nichtwestlichen“ Welt außen vor geblieben seien. Der Blick auf die heutige Welt zeigt generell ernüchternd wie empörend, dass Menschenrechte fortwährend missachtet, verachtet, ignoriert und mitunter bis zur Unkenntlichkeit beschädigt, zerstört werden. Von Menschen. Gegen Menschen. Heute ist deshalb umso mehr ein besonderer Tag für einen Aufruf zum Gegenhalten, zu mehr Engagement von uns allen. Gültig: jeden Tag. Auch in Deutschland.

Wir brauchen viele Hessels

Der mir nahe, überaus angenehme, wichtige Buchautor und Zeitgenosse Stéphane Hessel hat in einem kleinen Band, der den Titel „Empört Euch“ trägt, eindrucksvoll und warmherzig von seinen Erfahrungen geschrieben, die er 1948 bei den Vereinten Nationen in New York machte. Hessel beschrieb in dem schmalen Taschenbuch unter anderem das unermüdliche, geduldige Ringen eines UN-Gremiums. Er durfte dabei mitwirken, der Barbarei, dem Wahnsinn Zweiter Weltkrieg ein Hoffnung weckendes, wirkungsvolles, deutliches Dokument entgegenzusetzen, um damit wenn möglich eine neue, eine bessere Epoche der Erdbewohner mit einzuläuten: die Charta der Menschenrechte. Trotz heftiger Unterschiede der internationalen Teilnehmer, trotz ihrer sich aneinanderreibenden Interessen gelang tatsächlich das zunächst schier Unmögliche, die wichtige „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ mit dem mahnenden Rückblick auf den bis dahin schlimmsten und verheerendsten Krieg auf unserer Erde zu verabschieden.

Ganz im Geiste dieser Schrift handelte Hessel bis zu seinem Tod im Jahr 2013. Er mahnte uns, wachsam zu sein und uns ausdauernd (ja nicht aufgeben) zu empören gegen die Ungerechtigkeiten der Welt, allen voran die fortwährende, systematische Missachtung unser aller Rechte. Hessel rief dabei stets zu friedlichem Widerstand gegen Unterdrückung auf, gegen den überbordenden, wahnsinnigen Machtmissbrauch der Eliten, gegen die Umweltzerstörung durch Gier und Rücksichtslosigkeit. Bis heute sind seine einfachen Worte gültig, bis heute kämpfen Bürger – wir brauchen sozusagen viele Hessels – gegen all diese Missstände, bislang noch ohne wirklich durchschlagenden Erfolg: den Beginn einer Epoche der echten Entspannung, der einer Durchlüftung der Gesellschaften, echte Freiheit der Menschen, der Individuen wie der Gemeinschaften, ohne Unterdrückung, materiell, ideell, politisch, kulturell, sozial, spirituell.

Dazu bedarf es aber einer echten Entmachtung viel zu weniger, mächtiger Akteure und ihrer Gefolgschaften, deren Handeln, deren Interessen, deren Ego sich gegen zu viele richtet. Es geht dabei nicht nur um deren materiellen, sondern auch um ihren ideellen Reichtum, stets nur zum eigenen Nutzen. Doch statt Entmachtung ist täglich zu erleben: Wir sind weit weg von klugen, toleranten, offenen, gerechten Gesellschaften, wir sind weit weg von der Enteignung, der Zähmung der Gierigen, der Mächtigen und ihren Anmaßungen, die uns die gegenwärtigen Zustände noch als frei, demokratisch, rechtsstaatlich verkaufen und vor allem: als alternativlos. Denen ist es egal, weil sie es sich leisten können, was viele Menschen wirklich statt der Unterdrückung, statt der Missachtung verdienten. Allein der Eliten Wohl ist denen wichtig, angehäuft, gehortet, angemaßt auf Kosten der Allgemeinheit, betoniert für jetzt und für immer? Mehr, mehr, mehr – und kein Ende scheint in Sicht. Das ist eine einzige Menschenrechtsverletzung.

76 Jahre Menschenrechtscharta und doch viel Kriegerisches, Menschenrechte Verachtendes

Einfach ausgedrückt: Seit mehr als einem Dreivierteljahrhundert ringt die Menschheit nach der unsäglichen Erfahrung des Zweiten Weltkriegs darum, endlich sagen zu können, friedlich und in wohltuender, rücksichtsvoller, aufmerksamer Gerechtigkeit auf einem wundervollen Planeten zu leben. In all den Jahren toben stattdessen weiter zahlreiche Konflikte, darunter Kriege, Not, Elend und die fortgesetzte Missachtung, ja Verachtung vieler Bürger und ihrer Bedürfnisse. Glücklicherweise konnten wir in Europa eine Zeit erleben, das wird so gern in Politikerreden lobend gesagt, in der wir mehr oder minder zufrieden konstatieren durften: Wir erleben eine Epoche des Friedens. Doch selbst diese Epoche war nicht friedlich, müssen wir ehrlich zugeben.

Nun scheint es, diese unsere schöne Epoche ist jetzt eine vergangene. Bei uns wie in vielen Teilen der Welt und auch in Deutschland erleben wir das ehrgeizige, aggressive Zurückdrängen unserer berechtigten Bedürfnisse, unserer, ja, Menschenrechte. Dort, wo Progressivität noch oder wieder zu Hause ist, dort sind erfreulicherweise positive Entwicklungen zu beobachten. Die südliche Welt zum Beispiel folgt uns, der westlichen Wertewelt, nicht mehr.

Doch um uns herum toben heftige Konflikte, bei denen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit an der Tagesordnung sind. Und wir, ja wir, sind mit von der bösen Partie. Menschenrechte sind gerade nicht modern, stattdessen Ruhm und Ehre und Verpflichtung und Pflichten, wird uns weisgemacht – aber wofür? Dafür: Die Reaktionären jubeln – Menschenrechte, fortschrittliche Ideen, Konzepte, Forderungen, Rechte werden zurückgedrängt.

Einer, der kurz und knapp Verursacher des Zurückdrängens benennt

Ich las kürzlich einen Beitrag des unbequemen, nimmermüden, kritischen EU-Abgeordneten Martin Sonneborn (Die Partei), der seine Erfahrungen im EU-Parlament aufgeschrieben hat. Er beobachtet stellvertretend für Europa im Parlament eine Entwicklung, die den rückwärtsgewandten und aufgedrängten Weg unserer Gesellschaften, der Gemeinwesen, der Gemeinsamkeiten ernüchternd wie empörend beschreibt. Sonnenborn nannte Beispiele. Immer seien es die Konservativen, die im Block dagegen stimmten, wenn man sich im Parlament für Menschenrechte, für die Umwelt, für Soziales einsetzt, gegen die Finanzindustrie, gegen Ausuferungen von Zensur und Überwachung, für Steuergerechtigkeit kämpft. Das EU-Parlament – eigentlich doch die demokratische Institution für uns alle, für uns Europäer – ist in Wahrheit ein Ort, in dem das Steine-in-den-Weg-Legen gegen legitime Interessen und Bedürfnisse der Europäer in Gesamtheit zur perfiden Profession reift. All dieses Treiben ist eine einzige Menschenrechtsverletzung.

Ein anderer Kalender als der für die Adventszeit

24 Türchen öffnen in der Adventszeit, das bereitet Freude, verbindet Menschen. Ein ganz anderer Kalender lässt einen dagegen nachdenklich werden. So listete die Organisation der Vereinten Nationen für alle Monate eines Jahres existierende Rechte der Menschen und deren Verletzungen und Missachtungen auf. Die Welt, Europa und wir in Deutschland scheinen viel Nachholbedarf in diesen Bereichen zu haben:

  • Januar: Menschenrechtsverletzungen durch willkürliche Inhaftierungen
  • Februar: Pflege- und Unterstützungssysteme
  • März: Gleichheit aller Ethnien
  • April: Wirtschaftliche Menschenrechte
  • Mai: Zivilgesellschaftlicher Raum, einschließlich des Digitalen, Menschenrechtsverteidiger, Partizipation
  • Juni: Frauenrechte
  • Juli: Prävention und Frieden
  • August: Gerechtigkeit
  • September: Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs)/Sozialer Schutz
  • Oktober: Unternehmen und Menschenrechte
  • November: Klimawandel/Umwelt
  • Dezember: Bildung und Menschenrechte

(Quelle: UNRIC)

Der UN-Charta von 1948 folgten weitere Dokumente

Rückblick: Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte sei ein westlich geprägtes Dokument, wandten Kritiker ein, denn beim Erarbeiten und Verabschieden fehlten zahlreiche Länder und Regionen. Das Ringen für Menschenrechte und deren Fixierung in gültigen Schriften – weltweit – setzte sich aber richtigerweise fort, Streit und Eskalation inklusive. Im Jahr 1993 kam es zu einem Fortschritt bei der Weltkonferenz in Wien, bei der der Wertewesten offen mit seiner arroganten Haltung konfrontiert wurde.

Auf der Weltkonferenz über Menschenrechte in Wien 1993 gipfelten die Vorwürfe in „offensive, sehr aggressive Kritik“, erinnert sich der Menschenrechtler Michael Windfuhr, der an der Konferenz teilnahm. Damals wurde „sehr dezidiert gesagt, Menschenrechte sind eigentlich eine neokoloniale Idee des Westens, die dazu führen soll, dass sich westliche Staaten einmischen in Ländern, die andere Kulturen haben und auch andere Vorstellungen von politischer Ordnung und politischer Gerechtigkeit“. Am Ende stimmten jedoch alle 171 UN-Mitgliedstaaten der Wiener Erklärung zu und legitimierten damit die Menschenrechtserklärung von 1948.

Es bleibt bis heute viel zu tun, das Dokument Menschenrechtscharta darf kein statischer Text sein. Die Entwicklungen in unserer Welt, die keine homogene, sondern eine vielfältige ist, zeigen immer noch, dass Menschenrechte als Instrumente gegen Menschen missbraucht werden. Gerade das muss dauernden Widerspruch und Empörung auslösen, keinen Beifall, kein Dulden und Durchwinken.

… Die Zweifel an der Universalität der Menschenrechtserklärung bleiben bestehen und werden vor allem aus den Überlegungen der postkolonialen Denkschulen heraus verstärkt. Eine gefährliche Entwicklung, warnt der Menschenrechtler Markus Beeko. „Wer Menschenrechte als westliche Werte betitelt, der leistet ihnen einen Bärendienst“, warnt er. „Wir müssen solidarisch an der Seite derer stehen, deren Regierungen versuchen, ihnen ihre Menschenrechte abzusprechen, anstatt den Menschen in den Rücken zu fallen.“
(Quelle: DLF)

Wer sich auf Menschenrechte beruft, dem schlägt bisweilen der Vorwurf der Heuchelei und einer gewissen Doppelmoral entgegen: Der Westen verbräme mit dem Verweis auf Menschenrechte nur eine von Macht- und Wirtschaftsinteressen geleitete Politik.
(Quelle: DLF)

Menschenrechte sind Frauenrechte – zahlreich werden diese verletzt

In den vergangenen Tagen sah ich wie viele Bürger via Medien, was in Syrien passiert. Es deutet sich eine dortige Zeitenwende an, ein diktatorischer Herrscher wird von einem anderen abgelöst, der sich wohl weniger um Menschenrechte als um das Recht des Stärkeren kümmern wird. Mir fielen die Worte aus einem Beitrag über Menschenrechtsverletzungen gegenüber Frauen ein. Zitat:

Auf die spezielle Situation von Frauen weltweit angesprochen, unterstreicht Beate Rudolf: Frauen seien in vielen Fällen anders von Menschenrechtsverletzungen und Übergriffen betroffen als Männer, etwa wenn sie als Aktivistinnen verhaftet würden: „Frauen erleben sexualisierte Gewalt, sexualisierte Folter.“

Auch in anderer Hinsicht würden ihre Menschenrechte deutlicher missachtet – im Iran, aber auch in anderen muslimischen Ländern wie Saudi-Arabien: „Es gibt Kleidungsvorschriften für Frauen, aber nicht für Männer.“ Das gelte im Übrigen für beide Richtungen – für Gebote, aber auch für Verbote für einen bestimmten Kleidungsstil.
(Quelle: DLF)

Die Menschenrechte in Deutschland

Heute zum Internationalen Tag der Menschenrechte lohnt es sich, in hiesigen Dokumenten zu stöbern – bei Ministerien, Instituten. Ich informierte mich. Beim Bundesministerium der Justiz steht zum Stichwort Menschenrechte unter anderem:

Menschenrechte sind Rechte, die sich aus der Würde des Menschen herleiten und begründen lassen; Rechte, die unveräußerlich, unteilbar und unverzichtbar sind. Sie stehen allen Menschen zu, unabhängig davon, wo sie leben und unabhängig davon, wie sie leben.
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Und das Institut für Menschenrechte listet unter anderem auf:

Zu den Menschenrechten gehören bürgerliche und politische Freiheits- und Beteiligungsrechte, unter anderem das Recht auf Leben, das Verbot der Folter, die Religions-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit oder die Gleichheit vor dem Gesetz.
(Quelle: IFM)

Sich zu fragen, was Menschenrechte sind, ist wichtig. Jeder Bürger sollte wissen, was ihm zusteht, was es in einer gedeihlichen Zivilgesellschaft braucht, um individuell und in Gemeinschaft gut leben zu können. Angesichts des Zustandes unseres Landes, angesichts der vielen Ungerechtigkeiten, angesichts des gesellschaftlichen, politischen, sozialen Stillstandes ist es umso wichtiger, sich Gedanken zu machen, wohin wir uns bewegen wollen und was wir nicht wollen. Die führenden Köpfe unseres Landes – Organisationen, Konstruktionen wie die sich Volksparteien nennenden Vereinigungen – sind dafür meiner Ansicht nach derzeit keine geeigneten Interessen-Vertreter und Gesprächspartner. Innezuhalten und sie allein machen zu lassen, ist dennoch keine Option. Empört Euch, würde mein geschätzter Stéphane Hessel jetzt sagen.

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